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Wie funktioniert ein Nahtschnitt in der Florgasse?

Wie funktioniert ein Nahtschnitt in der Florgasse?

In vielen Verlegeempfehlungen von Teppichbodenherstellern findet man immer wieder den Hinweis, dass getuftete Teppichböden entlang der Florgassen geschnitten werden sollen. Wer dies nicht beherzigt, bekommt unsaubere Nähte mit ausgefransten Polnoppen.

Bei diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie solche Florgassen überhaupt entstehen. Bei der Herstellung von getufteten Teppichböden wird in aller Regel über die gesamte Länge der Teppichbodenbahn das Fasermaterial Stich für Stich eingearbeitet. Bedingt durch diese Technik entstehen zwischen den Polreihen die so genannten Florgassen. Hierbei handelt es sich um den Freiraum, welcher sich durch den Abstand der Nadeln (Teilung) ergibt. Selbstverständlich gibt es solche Florgassen nicht nur bei geradlinigen Tuftingartikeln, sondern auch bei Webteppichböden. Sowohl bei schaft- als auch bei jacquardgewebten Teppichböden werden als Abstandshalter zwischen den Polreihen ein oder mehrere Kettfäden geführt, somit kann bei gewebten Teppichböden im Bereich der Kettfäden der Nahtschnitt geradlinig erfolgen. Zusätzlich werden bei den meisten gewebten Teppichböden am Randbereich andersfarbige Schutzkanten gewebt, so dass rein optisch der Nahtschnitt bereits durch die Produktion vorgegeben wird. Selbst bei den sehr selten anzutreffenden Wirkteppichböden kann ein versierter Verleger Noppengassen finden. Auch in diesem Fall ist ein gassengetreuer Nahtschnitt möglich. Bei den Florgassen han-delt es sich somit um produktionsbedingte Freiräume zwischen den Polfasern.

Welchen Vorteil hat der Nahtschnitt entlang den Florgassen?

Am Beispiel eines Tuftingteppichbodens ist dies sehr einleuchtend zu erklären. Gerade der Tuftingträger ist so konzipiert, dass dieser sich nach dem Einstechen der Nadeln bei der Produktion wieder etwas zurückbildet. Demzufolge wird das Polfasermaterial eng umschlossen. Schneidet man nun in der Florgasse, ist gewährleistet, dass ein Teil des Tuftingträgers noch die Polnoppen umschließt. Somit verbleibt eine deutlich stabilere Polnoppe im Nahtbereich. Der Verarbeiter dieser Bodenbeläge kennt oft nicht die exakte Herstelltechnik. Daher ein kurzer Tipp, wie man feststellen kann, ob geradlinig verlaufende Polgassen bei dem zu schneidenden Teppichboden vorhanden sind. Ganz egal, ob es sich um eine Schlingen- oder um eine Velourskonstruktion handelt, ist anzuraten, entlang der werkseitig vorgeschnittenen Bah-nenkanten den Teppichboden zu biegen, wie auf dem nachfolgenden Foto.

Bei sehr dichten Veloursqualitäten kann man die Florgasse unter Verwendung einer stumpfen Ahle zusätzlich markieren. Hierbei wird die Ahle entlang des Tuftingträgers über die gesamte zu schneidende Bahnenkante ge-führt. Bei Veloursqualitäten ist nach dieser Kennzeichnung das Fasermaterial leicht zur Seite gedrückt, so dass eine leichte Furche entsteht. Entlang dieser Markierung kann unter Verwendung eines Nahtschneiders sehr leicht ein gassengetreuer Nahtschnitt erfolgen.

Bei der Verwendung von Nahtschneidern wird die Nase des Schneiders fest auf den Grund des Teppichbodens gedrückt. Hierdurch erhält man eine zusätzliche Führung zu der bereits erwähnten Markierung. Der versierte Verleger kann somit frei Hand entlang der Florgasse Bahnenkante für Bahnenkante schneiden.

Selbstverständlich kann beim Zusammenführen der beiden Bahnen auch mal ein kleiner Freiraum entstehen. Dieser wird dann nach dem Aufbringen des Klebers und nach dem Anreiben des Teppichbodens unter Verwendung von Nahtklammern oder eines Doppelkopfspanners so zusammengezogen, dass die Teppichbodennaht dicht geschlos-sen ist. In Einzelfällen kann eine Bogigkeit, wie dies im Kommentar zur DIN 18365 auch beschrieben ist, vorhanden sein. In solch einem Fall ist zu ermitteln, wie ausgeprägt die Bogigkeit ist.

In aller Regel liegen nur leichte Kanteneinsprünge und Bogigkeiten vor, wenn 10 -15 cm in diesen Bereichen weggeschnitten werden. Auch in solch einem Fall kann ein Freiraum nach dem Anlegen zweier Bahnen bis zu l cm entstehen. Dieser Abstand kann mit Nahtklammern und einem Doppelkopfspanner zusammengezogen werden. Bis zum Abbinden des Klebers ist dieser Bereich auf jeden Fall mit Nahtklammern zusammenzuhalten bzw. zu sichern.

Oftmals geht der Verleger von textilen Bodenbelägen davon aus, dass ein Langflorteppichboden aufgrund der Faserlänge nach dem Nahtschnitt ohnehin unauffällig ist. Diese Meinung kann nicht geteilt werden, da gerade bei den jetzt modernen Langflorteppichen relativ grobe Fasern verarbeitet werden und der Nadelabstand bzw. die Teilung relativ groß ist. Werden solche Artikel nicht gassengetreu geschnitten, können sich sehr viele Polfasern lösen, wobei sich durch den breiten Polgassenabstand dann das Fasermaterial seitlich legt und die Naht oft sehr stark sichtbar wird.

Bei Langflorteppichen kann mit der Ahle die Polgasse gefunden werden. Hilfreich ist bei Langflorteppichen, wenn man von der Rückseite, z. B. bei Textilrücken, prüft, ob man die Einstichreihen des Polgarnes erkennen kann. Häufig überdeckt die Latexierung diese Bereiche nicht vollständig. Demzufolge zeichnet sich das Polmaterial ab. Ist dies der Fall, kann dann bewusst zwischen den Polfadenreihen (Noppengassen) von der Rückseite des Teppichbodens mit einem scharfen Hakenmesser entlang einer Schiene geschnitten werden. Wenn man die Naht auf diese Weise schneidet, fallen bei solchen Artikeln überhaupt keine Polfäden aus, so dass man eine optimal dicht geschlossene Naht ohne Verletzung der Polfasern erreichen kann.

Bei allen Teppichböden sollte vor dem Nahtschnitt geprüft werden, ob ein geradliniger Florgassenverlauf vorliegt. Ist dies der Fall, können Teppichbodennähte am besten in diesem Bereich geschnitten werden. Denn so kann das Abschneiden und Herausreißen von Polfasern vermieden werden.

Der Fussboden-Fuchs dankt Peter Schwarzmann, Leiter der Anwendungstechnik bei Carpet Conceptflr die Unterstützung